Warum sollte es mich kümmern, welche Farbe der Fahrradschuppen hat? Es sollte Sie nicht kümmern; es macht nicht wirklich einen Unterschied, und Sie haben besseres mit Ihrer Zeit zu tun. Die berühmte E-Mail von Poul-Henning Kamp (aus der ein Ausschnitt in erscheint) ist eine wortgewandte Abhandlung darüber, was bei Gruppendiskussionen dazu neigt, schief zu laufen. Es ist hier mit seiner Genehmigung kopiert und übersetzt. Die URL des Originals ist . Betreff: Ein Fahrradschuppen (egal welche Farbe) auf grünerem Gras... Von: Poul-Henning Kamp <phk@freebsd.org> Datum: Sat, 02 Oct 1999 16:14:10 +0200 Message-ID: <18238.938873650@critter.freebsd.dk> Absender: phk@critter.freebsd.dk Bcc: Blind Distribution List: ; MIME-Version: 1.0 [bcc an committers und hackers] Mein letztes Schreiben wurde aureichend gut aufgenommen, sodass ich mich nicht davor scheue ein weiteres zu senden, und heute habe ich die Zeit und Muße es zu tun. Ich hatte ein paar Probleme zu entscheiden, wie ich so etwas herausgeben soll, dieses mal als bcc an committers und hackers, vermutlich das Beste, was ich machen kann. Ich bin selber nicht bei hacker angemeldet, aber dazu später mehr. Was mich dieses Mal angestoßen hat ist der "sleep(1) sollte mit Sekunden-Bruchteile funktionieren" Thread, welcher unser Leben zu viele Tage lang geplagt hat – wahrscheinlich sind es schon ein paar Wochen, ich will mir nicht mal die Mühe machen, nachzuschauen. An diejenigen die diesen speziellen Thread verpasst haben: Herzlichen Glückwunsch. Es war ein Vorschlag, dass sleep(1) sich richtig verhalten sollte, wenn man ihr ein Argument gibt, das kein Integer ist, und dieses bestimmte Buschfeuer in Gang setzte. Ich werde nicht mehr darüber sagen, weil es eine viel kleinere Angelegenheit ist, als man von der Länge des Threads erwarten würde, und sie hat schon viel mehr Aufmerksamkeit geerntet, als einige der *Probleme* die wir hier gehabt haben. Die sleep(1) Saga ist das eklatanteste Beispiel einer Fahrradschuppen- Diskussion, die wir je bei FreeBSD gehabt haben. Der Vorschlag war gut ausgearbeitet, wir wären mit OpenBSD und NetBSD kompatibler geworden, und trotzdem mit jedem Code vollständig kompatibel geblieben, den irgend jemand je geschrieben hat. Es wurden jedoch so viele Einwände, Vorschläge und Änderungen aufgeworfen das man meinen könnte, die Änderungen hätten alle Löcher in einem schweizer Käse gestopft oder den Geschmack von Coca Cola verändert, oder etwas ähnlich gravierendes. "Worum geht es bei diesem Fahrradschuppen?", haben mich einige gefragt. Es ist eine lange Geschichte, bzw. eher eine alte Geschichte, aber sie ist in Wirklichkeit ziemlich kurz. C. Northcote Parkinson schrieb Anfang der 1960er ein Buch namens "Parkinsons Gesetz", welches eine Menge Einblicke in die Dynamik des Management beinhaltet. Sie können es bei Amazon finden, und vielleicht auch im Bücherregal ihres Vaters, es ist sowohl seinen Preis als auch die Zeit es zu lesen wert. Wer Dilbert gut findet, wird auch Parkinson mögen. Jemand sagte mir neulich er hätte es gelesen und fand, dass lediglich 50% sich heutzutage anwenden ließe. Das ist verdammt gut, würde ich sagen, viele der modernen Bücher über Management liegen deutlich darunter, und dieses ist über 35 Jahre alt. Bei dem spezifischen Beispiel, bei dem es um einen Fahrradschuppen geht, ist die andere entscheidende Komponente ein Atomkraftwerk, was denke ich die Zeit, in der das Buch geschrieben wurde, anschaulich macht. Parkinson zeigt, wie Sie zum Vorstand gehen und Zustimmung für den Bau ein multi-millionen oder gar Milliarden Dollar teures Atomkraftwerk bekommen können, wenn Sie aber einen Fahrradschuppen bauen möchten sich in endlosen Diskussionen verzetteln werden. Parkinson erklärt, dass das daran liegt, dass ein Atomkraftwerk so gewaltig, so kostspielig und so kompliziert ist, dass Menschen es nicht begreifen können, und anstatt es zu versuchen eher auf die Annahme zurückfallen, jemand anderes hätte bereits alle Details überprüft bevor es so weit gekommen ist. Richard P. Feynmann gibt in seinen Büchern einige interessante und treffende Beispiele, die mit Los Alamos zu tun haben. Einen Fahrradschuppen andererseits kann jeder übers Wochenende bauen, und noch genug Zeit übrig haben, um das Spiel im Fernsehen zu schauen. Egal wie gut Sie sich also vorbereiten, egal wie vernünftig Sie bei Ihrem Vorschlag sind, irgend jemand wird die Chance ergreifen um Ihnen zu zeigen, dass er seine Arbeit macht, dass er aufpasst, dass er *da* ist. In Dänemark nennen wir das "seinen Fingerabdruck hinterlassen". Es geht um den persönlichen Stolz und Ansehen, es geht darum irgendwo drauf zeigen zu können und zu sagen "Da! Das habe ich gemacht". Es ist ein starker Wesenszug bei Politikern, aber auch in den meisten Menschen vorhanden, wenn sie dazu die Gelegenheit bekommen. Denken Sie einfach an Fußabdrücke im nassen Zement. Ich verneige mich mit Respekt vor dem ursprünglichen Absender des Vorschlags, da er wärend dieser Bombardierung durch den Pöbel bei seinen Waffen blieb, und die Änderung mittlerweile eingepflegt wurde. Ich hätte der Sache schon nach weniger als einer Handvoll Nachrichten den Rücken gekehrt. Was mich wie zuvor erwähnt zurück auf den Grund bringt, warum ich nicht mehr bei -hackers angemeldet bin: Ich habe mich von -hackers vor mehreren Jahren abgemeldet, weil ich nicht mehr mit der E-Mail-Flut mithalten konnte. Seitdem habe ich aus demselben Grund mehrere andere Mailinglisten verlassen. Und ich bekomme immer noch jede Menge E-Mails. Vieles wird nach /dev/null über Filter geleitet: Leute namens [weggelassen] werden es genau so wenig auf meinem Bildschirm schaffen wie Commits an Dokumente in Sprachen, die ich nicht verstehe, genauso wie ähnliche Portierungen. All diese Sachen und mehr gehen über den Jordan, ohne dass ich je was von ihnen erfahre. Aber trotz dieser scharfen Zähne vor meinem Posteingang bekomme ich immer noch zu viele E-Mails. Hier kommt nun das grünere Gras ins Bild: Ich wünschte, wir könnten das Maß an Rauschen auf unserern Listen verringern, und ich wünschte, wir ließen die Leute gelegentlich einen Fahrradschuppen bauen, und es kümmert mich nicht wirklich, in welcher Farbe sie ihn streichen. Der erste dieser Wünsche zielt darauf ab, E-Mails zivilisiert, sensibel und intelligent zu benutzen. Wenn ich griffige, präzise Kriterien definieren könnte, wann eine E-Mail beantwortet werden sollte und wann nicht, denen jeder zustimmen und folgen würde, wäre ich ein glücklicher Mensch, aber ich bin zu weise, das auch nur zu versuchen. Lasst mich aber ein paar Pop-Up-Meldungen vorschlagen, die ich gerne von E-Mail-Programmen implementiert sähe, die auftauchen, sobald Leute versuchen, E-Mails an Listen zu schreiben oder zu beantworten, von denen sie möchten dass ich sie abonniere: +------------------------------------------------------------+ | Ihre E-Mail wird gleich an mehrere Hundertausend | | Personen gesandt, von denen jeder mindestens 10 Sekunden | | aufbringen muss, um entscheiden zu können ob sie | | interessant ist. Mindestens zwei Mannwochen werden beim | | Lesen ihrer E-Mail aufgebracht werden. Viele der Empfänger | | werden für das Herunterladen Ihrer E-Mail bezahlen müssen. | | | | Sind Sie sich absolut sicher, dass Ihre E-Mail hinlänglich | | bedeutend ist, um all diese Personen zu belästigen? | | | | [JA] [ÜBERARBEITEN] [ABBRECHEN] | +------------------------------------------------------------+ +------------------------------------------------------------+ | Achtung: Sie haben noch nicht nicht alle E-Mails in diesem | | Thread gelesen. Jemand anderes könnte bereits gesagt haben,| | was Sie im Begriff sind zu antworten. Lesen Sie bitte den | | ganzen Thread, bevor Sie auf irgend eine E-Mail darin | | antworten. | | | | [ABBRECHEN] | +------------------------------------------------------------+ +------------------------------------------------------------+ | Achtung: Ihr E-Mail-Programm hat Ihnen nicht einmal die | | ganze Nachricht gezeigt. Es folgt logich daraus, dass Sie | | sie unmöglich komplett gelesen und verstanden haben können.| | | | Es ist unhöflich, auf eine E-Mail zu antworten, bevor Sie | | sie ganz gelesen und darüber nachgedacht haben. | | | | Eine Zeitbeschränkung wird Sie zur Beruhigung eine Stunde | | lang daran hindern, auf irgend welche E-Mails in diesem | | Thread zu zu antworten. | | | | [ABBRECHEN] | +------------------------------------------------------------+ +------------------------------------------------------------+ +------------------------------------------------------------+ | Sie haben diese E-Mail mit einer Geschwindigkeit von mehr | | als N.NN zps verfasst. Es ist i.A. möglich, schneller als | | mit einer Geschwindigkeit von A.AA zps zu denken und zu | | schreiben, und Ihre Antwort ist deshalb wahrscheinlich | | unpassend, undurchdacht und/oder emotional. | | | | Eine Zeitbeschränkung wird Sie zur Beruhigung eine Stunde | | am Versenden vom E-Mails hindern. | | | | [ABBRECHEN] | +------------------------------------------------------------+ Der zweite Teil meines Wunsches ist eher emotional. Offensichtlich haben die Kapazitäten welche wir für die Besatzung dieses unfreundlichen Feuers in dem sleep(1) Thread hatten, trotz ihrer vielen Jahre bei dem Projekt, es nie als wichtig erachtet, diese kleine Handlung durchzuführen, warum sind sie also jetzt derart aufgebracht über jemand anderen, sehr viel unerfahreneren der es erledigt ? Ich wünschte ich wüsste es. Was ich weiß ist, dass Argumente es nicht schaffen werden, diese "Reaktionären Konservativen" aufzuhalten. Es mag sein, dass diese Leute über ihren eigenen Mangel an greifbaren Beiträgen in der letzten Zeit frustriert sind, oder es ist ein schlimmer Fall von "Wir sind alt und knauzig, WIR wissen, wie sich die Jugend verhalten sollte". So oder so, ist es für das Projekt sehr unproduktiv, ich habe aber keine Vorschläge es aufzuhalten. Das beste was ich vorschlagen kann, ist sich davor zurückzuhalten, die Ungeheuer zu füttern, die auf den Mailinglisten lauern: Ignoriere sie, antworte nicht auf sie, vergiss dass sie da sind. Ich hoffe wir können eine stärkere und breitere Basis von Mitwirkenden bei FreeBSD bekommen, und ich hoffe dass wir zusammen die alten Knauser und die [Ausgelassen]en dieser Welt daran hindern können, sie durchzukauen, auszuspukken und abzuschrecken bevor sie überhaupt ein Bein auf den Boden kriegen. An die Leute die da draußen gelauert haben, vor diesen Untieren zurück geschreckt haben: Ich kann mich nur entschuldigen und euch dazu ermutigen, es trotzdem zu versuchen, das ist nicht die Umgebung die ich in dem Projekt haben möchte. Poul-Henning